Alkohol auf Fahrrad und E-Scooter: Strengere Gangart seit 2023
- Verkehrspsychologe
- 17. März
- 4 Min. Lesezeit

Alkohol am Steuer kennt jeder – aber Alkohol auf dem Fahrrad? Oder mit dem E-Scooter betrunken durch die Nacht? Oder betrunken sein Pferd reiten? Klingt erstmal als wäre es ein Witz, ist jedoch bitterer Ernst. Viele glauben noch immer, auf zwei Rädern gelte das nicht so streng. Doch Vorsicht: 2023 hat deutlich gemacht, dass Trunkenheit im Straßenverkehr auch ohne Auto gravierende Folgen haben kann. Nicht nur drohen Geldstrafen, Punkte und Fahrverbote, sondern in Extremfällen auch eine MPU, selbst wenn man „nur“ Rad gefahren ist, oder wie in seltenen Fällen hoch zu Ross am Straßenverkehr teilgenommen hat. Und es gibt Bestrebungen, die Zügel noch weiter anzuziehen.
Promille auf dem Rad und E-Scooter – kein Kavaliersdelikt
Was viele nicht wissen: Wer stark alkoholisiert Fahrrad fährt, kann seinen Führerschein verlieren. Die Grenze liegt hier bei 1,6 Promille Blutalkohol. Ab diesem Wert gilt man als absolut fahruntüchtig – egal ob auf vier oder zwei Rädern. Wer mit 1,6‰ oder mehr auf dem Fahrrad erwischt wird, begeht eine Straftat und die Führerscheinstelle ordnet in der Regel eine MPU an. Bei E-Scootern ist die Lage ähnlich. Diese elektrischen Tretroller zählen rechtlich als Kraftfahrzeuge, daher gelten für sie sogar schon die niedrigeren Promillegrenzen wie fürs Auto: Bereits ab 0,5‰ begeht man eine Ordnungswidrigkeit, ab 1,1‰ eine Straftat mit Führerscheinentzug – und ab 1,6‰ kommt ebenfalls die MPU ins Spiel rechtsanwalt-weiser.de. Besonders tückisch: Junge Leute unter 21 Jahren und Fahranfänger in der Probezeit haben 0,0 Promille als Grenze, auch auf E-Scootern und Fahrrädern. Ein einmaliger Fehltritt nach der Party kann also schnell den Traum vom Führerschein zunichtemachen.
Seit E-Scooter 2019 in deutschen Städten aufkamen, haben viele diese Erfahrung gemacht. Fälle, in denen Jugendliche ihren „Idiotentest“ absolvieren müssen, bevor sie überhaupt einen Führerschein besitzen, sind keine Seltenheit mehr. Die Behörden verstehen hier keinen Spaß: Wer betrunken auf dem E-Scooter unterwegs war, bekommt oft eine Sperrfrist für die Fahrerlaubnis und muss zur MPU, ehe er überhaupt den ersten Führerschein beantragen darf.
Neue Leitlinien: Fahrrad = Auto
Die neuen MPU-Begutachtungsleitlinien 2023 stellen noch einmal klar, dass Alkoholdelikte auf dem Fahrrad genauso ernst zu nehmen sind wie im Auto mpu-konkret.de. In der Praxis bedeutete das schon immer: Trunkenheitsfahrten auf dem Rad fließen in die Fahreignungsbewertung ein. Neu ist ein eigenes Kapitel in den Beurteilungskriterien zum „Sonderfall Verkehrsauffälligkeit mit fahrerlaubnisfreiem Fahrzeug“ (also z.B. Fahrrad)
mpu-konkret.de. Damit wird betont, dass Gutachter genau hinschauen, ob jemand „nur“ Rad betrunken fährt, aber vielleicht auch ein Risiko darstellt, betrunken Auto zu fahren. Die Annahme dahinter: Wer mit 1,6 Promille noch Fahrrad fahren kann, hat wahrscheinlich ein so hohes Alkoholtoleranzlevel, dass seine Trinkgewohnheiten problematisch sind. Die MPU-Prüfer werden also auch bei einem Fahrrad-Delikt den generellen Alkoholkonsum hinterfragen. In der Konsequenz müssen Betroffene häufig dieselben Auflagen erfüllen wie Autofahrer: etwa Abstinenznachweise oder ein Trinkverhalten nach dem Konzept des kontrollierten Trinkens nachweisen.
Im Jahr 2023 ist die Zahl der erwischten betrunkenen Rad- und E-Scooter-Fahrer übrigens deutlich gestiegen mpu-konkret.de. Die Polizei kontrolliert verstärkt, und die neue Sensibilität für das Thema führt dazu, dass keiner ungeschoren davonkommt, nur weil er „bloß Fahrrad gefahren“ ist. Gleichzeitig wächst das Problembewusstsein: Die hohe Unfallzahl durch Alkoholfahrten – ob im Auto oder auf dem Rad – sorgt für politischen Handlungsdruck.
Forderung: MPU schon ab 1,1 Promille?
Angesichts steigender Unfallzahlen 2023 fordert der TÜV-Verband sogar, die Promillegrenze für die MPU-Anordnung von 1,6‰ auf 1,1‰ abzusenken tuev-verband.de. Bisher ist es ja so, dass ein Ersttäter mit z.B. 1,2‰ zwar eine Straftat begeht und den Führerschein vorübergehend los ist, aber für die Wiedererteilung in der Regel keine MPU braucht, solange er nicht erneut auffällig wird tuev-verband.de. Das könnte sich in Zukunft ändern: Sollte die Grenze auf 1,1‰ sinken, würde schon eine einmalige Trunkenheitsfahrt ab diesem Wert den „Idiotentest“ nach sich ziehen – unabhängig davon, ob man vorher negativ aufgefallen ist. Hintergrund dieser Überlegung sind erschreckende Unfallstatistiken: 2023 stieg die Zahl der Verkehrsunfälle und der Verkehrstoten in Deutschland erneut an autobild.de. Besonders Unfälle unter Alkoholeinfluss bereiten Sorgen. Eine strengere Handhabung soll abschreckend wirken und Wiederholungstäter früher herausfiltern. Ob diese Verschärfung kommt, ist noch unklar – die Politik diskutiert darüber.
Unser Rat: Alkohol und Verkehr trennen!
Egal ob Auto, Roller, Fahrrad oder Pfred: Alkohol hat im Straßenverkehr nichts verloren. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass Lücken geschlossen werden. Wo früher manche dachten „Auf dem Rad kann mir nichts passieren“, wird nun konsequent durchgegriffen. Für dich als Betroffenen einer Alkohol-MPU heißt das: Du sitzt im selben Boot wie alle Alkoholsünder – unabhängig vom Fahrzeugtyp. In der Vorbereitung zur MPU solltest du dein Trinkverhalten kritisch beleuchten und ändern. Wer gerne Rad fährt, um nach dem Kneipenabend nach Hause zu kommen, sollte diese Idee überdenken. Vielleicht ist das Taxi oder der öffentliche Nahverkehr doch die bessere Wahl.
Fazit: Betrunken Rad zu fahren ist keine harmlose Dummheit, sondern kann ebenso wie Trunkenheit am Steuer zur MPU führen. Seit 2023 behandeln Begutachter solche Fälle genau so streng wie Autofahrten. Und die Behörden denken sogar über noch niedrigere Promillegrenzen nach. Daher unser Appell: Plane im Voraus, wie du sicher nach Hause kommst, wenn Alkohol im Spiel ist. Und falls du schon deinen „Lappen“ wegen Alkohol verloren hast – ob im Auto oder auf dem Fahrrad – nim die MPU-Vorbereitung ernst. Dann hast du die Chance, aus dem Fehler zu lernen und künftig nüchtern in die Pedale zu treten (oder ins Lenkrad zu greifen).



