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MPU umgehen oder abschaffen? Gerüchte und Realität

  • Autorenbild: Verkehrspsychologe
    Verkehrspsychologe
  • 17. März
  • 4 Min. Lesezeit
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Die MPU hat keinen guten Ruf – und so kursieren viele Gerüchte über angebliche Schlupflöcher und „Geheimtipps“, wie man den „Idiotentest“ umgehen oder abschaffen könnte. Im Internet liest man etwa von einem ominösen 15-Jahres-Trick oder davon, einfach im Ausland einen Führerschein zu machen. Was ist da dran? Hier klären wir auf, welche Möglichkeiten es tatsächlich gibt, ohne MPU wieder mobil zu werden, und wie die aktuelle Rechtslage dazu aussieht.


Führerschein zurück durch Zeitablauf: Die 15-Jahres-Regel

Eine oft erwähnte „Verjährung“ der MPU nach 15 Jahren ist zumindest teilweise korrekt. Tatsächlich kann man seinen Führerschein nach sehr langer Zeit ohne MPU zurückbekommen. Hintergrund: Verkehrssünden werden im Fahreignungsregister irgendwann getilgt. Konkret gilt: 15 Jahre nach Entzug der Fahrerlaubnis – gerechnet ab dem Ablauf der gerichtlich festgelegten Sperrfrist – sind relevante Einträge aus der Akte gelöscht​bussgeldkatalog.org. Danach darf die Führerscheinstelle in der Regel keine MPU mehr verlangen. In der Praxis bedeutet das beispielsweise: Wer 2008 seinen Lappen wegen Trunkenheit abgeben musste und seitdem keine neue Fahrerlaubnis beantragt hat, kann ab 2023 oft ohne Idiotentest neu beantragen. Allerdings ist das ein langer Weg – 15 Jahre Fahrpause dürfte für die meisten keine Option sein. Zudem verlangt die Behörde nach so langer Zeit meist, dass man die Fahrprüfung (theoretisch und praktisch) nochmal ablegt, um seine Kenntnisse aufzufrischen​ bussgeldkatalog.org. Wichtig: Diese „Löschung“ passiert nur, wenn man in der Zwischenzeit komplett verkehrsrechtlich unauffällig bleibt​

bussgeldkatalog.org. Neue Verstöße verlängern die Frist. Fazit: Ja, nach vielen Jahren kann man um die MPU herumkommen – aber 15 Jahre ohne Führerschein setzen die wenigsten freiwillig aus.


EU-Führerschein als Ausweg: legal, aber nicht einfach

Die zweite oft diskutierte Möglichkeit: den Führerschein im EU-Ausland machen und damit die deutsche MPU umgehen. Ist das legal? Prinzipiell ja – innerhalb der EU gilt die gegenseitige Anerkennung von Führerscheinen. Der Europäische Gerichtshof hat mehrfach klargestellt, dass ein in einem anderen EU-Land legal erworbener Führerschein in Deutschland gültig ist, auch wenn in Deutschland eigentlich eine MPU erforderlich wäre

ra-hartmann.de. Die Idee dahinter: Wer z.B. nach Ablauf seiner deutschen Sperrfrist nach Polen oder Tschechien zieht, dort mindestens 6 Monate Wohnsitz hat und dann die Fahrprüfung macht, erhält einen EU-Führerschein, der auch in Deutschland anerkannt werden muss​ bussgeldkatalog.org.


Wenn die Behörden feststellen, dass du einen EU-Führerschein nutzt, den du während deiner Sperrfrist erworben hast, begehst du den Straftatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Das kann ernste Folgen haben: Dir droht eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr oder eine hohe Geldstrafe, denn das Fahren ohne Fahrerlaubnis ist nach § 21 StVG eine Straftat mit strengen Strafen.

Hast du deinen EU-Führerschein jedoch erst nach Ablauf der Sperrfrist erlangt, muss er in Deutschland gemäß einem EuGH-Urteil anerkannt werden. Dafür musst du aber in der Regel nachweisen, dass dein Hauptwohnsitz in dem Land war, in dem du den Führerschein gemacht hast – das bedeutet, du solltest dich dort mindestens 185 Tage im Jahr aufgehalten haben bussgeldkatalog.org.


Aber Vorsicht: Ganz so einfach ist es nicht. Man muss tatsächlich seinen Wohnsitz ins Ausland verlegen (Scheinadressen zählen nicht – die Behörden prüfen das immer genauer). Zudem lauern viele dubiose Anbieter, die eine „MPU-freie Führerscheintour“ versprechen, aber oftmals unsauber arbeiten. Wer es ernst meint, muss also bereit sein, für mindestens ein halbes Jahr ins EU-Ausland zu gehen und dort den Führerschein zu erwerben​ bussgeldkatalog.org. Für die meisten Menschen ist das kaum praktikabel. Zwar kennt man Fälle, in denen dieser Weg erfolgreich beschritten wurde, doch die deutschen Behörden beobachten das kritisch. Der deutsche Gesetzgeber ist wenig begeistert, dass die EU-Regeln dieses „Schlupfloch“ bieten​ anwalt.de. In der kommenden 4. EU-Führerscheinrichtlinie versucht Deutschland, strengere Regelungen zu verankern, um das Umgehen der MPU via Ausland zu erschweren​ anwalt.de.



Keine Abschaffung in Sicht: Die MPU bleibt

Mancher hofft vielleicht, die Politik könne die MPU einfach abschaffen. Tatsächlich steht das derzeit nicht auf der Agenda. Die MPU ist fest in der deutschen Verkehrsgesetzgebung verankert und wird von Experten als wichtige Maßnahme für die Verkehrssicherheit angesehen​ tuev-verband.de. Weder in Koalitionsverträgen noch in aktuellen Gesetzesinitiativen gibt es Bestrebungen, die medizinisch-psychologische Untersuchung abzuschaffen. Im Gegenteil: Wie wir in den vorherigen Artikeln gesehen haben, geht der Trend eher dahin, bestimmte Fälle (z.B. Alkohol ab 1,1‰) zusätzlich der MPU zu unterwerfen, um Wiederholungstäter frühzeitig zu erkennen​ tuev-verband.de.


Für Betroffene heißt das: Sich auf Gerüchte und Hoffnungen zu verlassen, ist riskant. Wenn deine Fahrerlaubnisbehörde eine MPU fordert, führt in aller Regel kein Weg daran vorbei – außer du verzichtest sehr lange aufs Fahren oder wanderst ins Ausland ab. Beides ist für die wenigsten realistisch oder attraktiv. Es ist daher sinnvoller, die Herausforderung anzunehmen und sich seriös vorzubereiten, anstatt auf Wunderlösungen zu setzen. Eine gut bestandene MPU hat am Ende auch etwas Positives: Du gewinnst Einsichten in dein Verhalten und kannst mit gutem Gefühl wieder am Straßenverkehr teilnehmen.

Fazit: Trotz aller Stammtischgeschichten gibt es kaum legale Abkürzungen an der MPU vorbei. Die 15-Jahres-Regel kann theoretisch greifen, erfordert aber viel Geduld. Der EU-Führerschein ist ein möglicher Weg, aber mit Aufwand und Unsicherheiten verbunden. Und eine Abschaffung der MPU steht nicht bevor. Wer die Fahrerlaubnis zurück will, sollte die Energie lieber in die Vorbereitung auf die MPU stecken. Das ist zwar unbequem, aber immer noch der direkteste und letztlich erfolgversprechendste Weg zurück auf die Straße.


 
 
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